Von Königsblau bis Opalgrün

Die äußerer Gestalt der öffentlichen Nahverkehrsmittel in Potsdam, hat sich über die letzten mehr als 135 Jahre immer wieder geändert. An dieser Stelle soll ein kurzer Überblick gegeben werden.

Die Wagen der Pferdebahn

Farbfotos aus der Zeit der Pferdebahn gibt es nicht, so dass über die tatsächliche Lackierung der Pferdebahnwagen der „Potsdamer Straßenbahngesellschaft“ nur gemutmaßt werden kann. Die Wagen werden in einem dunklen blau lackiert gewesen sein und hatten helle Wagennummern und Zierstreifen. Zumindest an den größeren Triebwagen der späteren Pferdebahnjahre prangt auch der Schriftzug „Potsdamer Strassenbahn.“ Kolorierte Postkarten zeigen zum Teil auch dunkelrote Wagen, da die Künstler oft jedoch von den örtlichen Gegebenheiten keine Vorstellung hatten, ist die Einfärbung mit großer Vorsicht zu genießen.

Die Elektrische Bringt neue Farben

 

Mit den Wagen der Elektrischen Straßenbahn halten neue Farben in Potsdam Einzug. Das damalige Erscheinungsbild der ersten Lindner-Wagen ist inzwischen gut dokumentiert. Der Holzwagenkasten war „naturcremefarben“, die Scheuerleiste und die Zierstreifen in braun, das Fahrgestell „schmutziggrau“ lackiert. An den Seitenwänden prangte das aufwendig handgemalte Potsdamer Wappen.

 

Im Verhältnis zu anderen Städten ist das Äußere der Potsdamer Elektrischen jedoch relative zurückhaltend gestaltet (im Gegensatz zum Wageninneren). Nicht einmal der Eigentümer wird am Wagenkasten erwähnt. Lediglich ein kleines Metallschild am Fahrgestell weist auf die „Städtische Strassenbahn Potsdam“ hin.


Kakaobraun in die 1920er

Nach Erstem Weltkrieg und Inflation erlaubt die verbesserte finanzielle Situation nach 1925 endlich wieder eine Grundüberholung der vorhandenen Wagen. Dabei wird auch ein neuer Look eingeführt. Unterhalb der Fenster erhalten alle Potsdamer Straßenbahnen einen dunkelbraunen Anstrich. Es waren wohl die vielen Berliner Sommerfrischler, die Potsdam an den Wochenenden heimsuchten und die Bezeichnung „Kakaobahn“ prägten. Die Wagen der zweiten Potsdamer Straßenbahngeneration werden bereits ab Werk in dieser Lackierung ausgeliefert. Zierstreifen und aufwendiges Wappen entfallen nun, dafür wird die Wagennummer größer. Dieses Aussehen sollte sich bis nach dem Zweiten Weltkrieg in Potsdam erhalten.

Elfenbein und rote streifen

Bereits in den 1920er Jahren hatten mehrere deutsche Betriebe begonnen, ihre Wagen einfarbig elfenbein anzustreichen. Lediglich die Zierstreifen variierten noch in den Farben schwarz, blau, rot, grün oder braun. Unter den Nationalsozialisten wurde diese Lackierung zwar für das gesamte Reich verordnet, setzte sich jedoch bis Kriegsende nicht überall durch. Auch Potsdam behielt zunächst seine „Kakaobahnen“. Ab 1949 passte man sich jedoch auch in Potsdam an dieses, nun fast DDR-weit genutzte Lackierungsschema an. Wahrscheinlich war es Lindner-Wagen Nr. 20, der zu Pfingsten 1949 als erster Wagen die neue Lackierung trug. In Potsdam hatten die Fahrzeuge rote Zierstreifen. Anfangs waren die Wagennummern noch im Stile der 1920er Jahre mit einer runden Antiqua-Schrift groß angeschrieben und sogar noch mit einem Schatten versehen. Die entfiel jedoch recht schnell zugunsten einfacher Schablonennummern in DIN-Schrift. Das Aussehen der Potsdamer Straßenbahnwagen hatte gestalterisch einen sehr profanen Stand erreicht, der jedoch DDR-weit in vielen Betrieben Standard war. Treibend waren sicher auch die Waggonbaubetriebe, die nicht zuletzt auch bei der Lackierung keine großen Kompromisse machen konnten und wollten.

 

Mit den ersten Gothawagen hält dann der an der Front zu einem Dreieck spitz zulaufende Zierstreifen bei den Triebwagen Einzug. Dieses Gestaltungselement hing eigentlich mit den anfangs ab Werk aufgebrachten Zierleisten zusammen, wurde aber auch nach deren Wegfall weiter beibehalten.

 

 

Die Bezeichnung der Verkehrsbetriebe wird zu dieser Zeit nur auf einzelnen Wagen und recht unscheinbar angeschrieben. Sowohl das ab 1. Januar 1949 gültige „KWU - Verkehrsbetrieb Potsdam“, als auch das ab 1. Januar 1952 „VEB (K) Verkehrsbetriebe Potsdam“ wird in schwarzen Lettern unten links neben der letzten Tür angebracht.


Der Adler kehrt zurück

Mit der Umbenennung des Betriebes in „VEB Potsdamer Verkehrsbetriebe“ zum 1. Januar 1960, kehrt auch das Stadtwappen an die Wagen zurück. 1957 hatte der Künstler Werner Nerlich dem Potsdamer Adler zu seiner bis heute gültigen Form verholfen. Das rot-gold-schwarze Wappen wurde an den Straßenbahnwagen von einem roten Banner mit den drei goldenen Großbuchstaben „PVB“ begleitet. Diese Variante war nur wenige Jahre zu sehen. Spätestens ab 1967 ändert sich die Gestaltung bereits wieder: das rote Banner entfällt, stattdessen greift man auf eine Kombination aus Flügelrad (Zeichen des Schienenverkehrs) und Stadtwappen zurück. Diese Art der Wappengestaltung war und ist bis heute bei vielen Verkehrsbetrieben üblich.


Spätestens ab 1969 werden an den der Front Potsdamer Gothatriebwagen zwei weitere Zierstreifen eingeführt, die den Wagen auf beiden Seiten umschließen und kurz hinter dem ersten Fenster gestaffelt auslaufen. Damit hat Potsdam nun wieder ein, wenn auch nur kleines, individuelles Lackierungsmerkmal. Längst nicht alle Wagen erhalten jedoch die beiden zusätzlichen Zierstreifen. Nach welchem Schema sie mal benutzt und mal auf sie verzichtet wurde, ist nicht bekannt.


Tschechisch Rot-weiß

Wieder war es mehr äußerliche Zwänge als lokaler Gestaltungswille, als ab 1975 die rot-weiße Lackierung (anfangs zunächst rot-elfenbein) in Potsdam Einzug hielt. Die beiden Prototypen des KT4D brachten diese Lackierung aus der Tschechoslowakei mit. Der Hersteller CKD machte nur für Großkunden wie etwa Berlin Ausnahmen. Kleinere Betriebe mussten mit dieser Lackierung leben. Wirklich präsent war diese Farbgebung in Potsdam ab Ende der 1970er / Anfang der 1980er Jahre, als eine größere Anzahl KT4D Potsdam erreicht hatte. Parallel dazu blieben die elfenbeinfarbenen Gothawagen weiterhin stark präsent.

 

Um ein einheitlicheres Erscheinungsbild zu erreichen, entschied man sich 1987 für eine Umlackierung der Gothawagen nach dem Farbschema der KT4D. Als erster rollte der heutige Museumswagen 109 mit seinen beiden Beiwagen 214 und 218 neu lackiert am 14. Juni 1987 auf der Linie 1. Bis 1989 wurden insgesamt fünf Zweiachstriebwagen (107, 109, 112, 115 und 159), vierzehn Beiwagen (209, 214, 218, 226, 233, 236-239, 259, 260, 265, 269 und 271) sowie vier Gelenkwagen (173, 174, 177, 186) neu lackiert. Hatten die Dreiwagenzüge noch graue Wagendächer, so waren die der Gelenkwagen (mit Ausnahme von 186) und ihrer Beiwagen braun lackiert. Mit der Zuführung der Berliner KT4D ab 1989 wurde die Umlackierung nicht weiter verfolgt. Das Ende der Gothawagen war absehbar.

 

Kurz davor versuchte man auch den Potsdamer KT4D noch ein bisschen Individualität zu verpassen. An einigen Wagen wurde die rote Stirnlackierung über die übliche Kante hochgezogen und vereinzelt die Dächer ebenfalls braun lackiert.


kurzes Intermezzo: die "Hauptstadtlackierung" in Potsdam

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVB) arbeiteten im Jahre 1984 ein neues Farbkonzept für Ihre Fahrzeuge aus. Diese Lackierung in orange-elfenbein mit schwarzem Zierstreifen war ab 1985 bei allen neu gelieferten Tatra-Wagen für Berlin aufgebracht. Achtzig derart lackierter Wagen wurden zwischen 1989 und 1990 an den Potsdamer Verkehrsbetrieb abgegeben. Schlagartig hatte die sogenannte „Hauptstadtlackierung“ das rot-weiß der Potsdamer Tatra-Wagen in den Hintergrund gedrängt, die elfenbeinfarbenen Gothawagen waren ab 1990 komplett verschwunden.

Die grüne Ecke kommt

Mit dem Einzug des neuen Namens, begann die ViP (Stadtwerke Potsdam, Verkehrsbetrieb) auch mit der Suche nach einem neuen Außenauftritt. Mit der Entwicklung des neuen Design wurde 1990 die Firma Meta-Design plus GmbH beauftragt, die auch die Icon-Serie für die BVG entwickelte.

 

Nach zahlreichen Farbproben entschied man sich für die heute noch gültige Farbkombination aus den grüner Ecke, der lichtgrauer (heute weißer) Grundlackierung und anthrazitfarbenen Absatz. Diese Farben kommen auch an den Haltestellen und allen Drucken des Verkehrsbetriebes zum Einsatz. Die Unverwechselbarkeit des Designs ist neben dem ästhetischen Anspruch vor allem für die Fahrgäste die beste Orientierungshilfe.

 

Nach und nach ersetzten die neuen Farben das alte Erscheinungsbild. Am 10. Juli 1994 verkehrte letztmalig ein rot-weißer KT4D in Potsdam (Nr. 043). Zum Teil wurden auch die ehemaligen Berliner Wagen noch umlackiert, ein Großteil lief jedoch bis zur Modernisierung weiter in den alten Farben. Bis 1995 war diese Lackierung dann ebenfalls verschwunden.

 

Mit dem neuen Farbschema hielt auch erstmals ein eigenes Logo für die Verehrsbetriebe Einzug – die so genannte „Pille“. Der schwarze bzw. graue Kreis symbolisiert sowohl die Stadt als auch das Rad. Das Kursive „p“ steht für „Potsdam“. Im oberen Teil des Kreises befindet sich ein Dreieck, das je nach Verkehrsträger rot (Tram) oder lila (Bus) ist. Ist das Logo nicht auf einem Fahrzeug angebracht, wird das Dreieck als Einkerbung dargestellt. Die Punktlinie die aus dem Kreis herausführt, soll die Verbindung zum Umland symbolisieren.

 

 

Hervorzuheben sind noch drei Tatra-Wagen, die in den 1990er Jahren eine abweichende Lackierung bekamen. 1992/93 warb KT4D 086 in einer Sonderlackierung für das 1000jährige Stadtjubiläum 1993. Der Wagen war dazu dunkelblau lackiert worden. Im selben Jahr erhielt der Wagen 045 eine an das ViP-Design angelehnte Sonderlackierung mit einer dunkelblauen Ecke. Er war auf der kurzzeitig existierenden Ausflugslinie A2 im Einsatz. Zuletzt noch der Fahrschulwagen 067. Seine grüne Ecke wurde spiegelverkehrt auflackiert, um ihn so von den Linienwagen abzuheben. Nach seiner Modernisierung (heute Nr. 301) bekam er ebenfalls eine den Linienwagen entsprechende Lackierung. Die grüne Ecke wird jedoch durch einen orangene Streifen ergänzt.


Heute: viel strahlendes Weiß

Bei den seit 1998 eingesetzten Niederflurwagen hat man ein paar neue farbliche Akzente gesetzt. So sind die Combinos sind an der Front komplett weiß und am Heck grün. Damit will man dem identischen Aussehen der Stirn und Rückseite der Wagen Rechnung tragen und dem Autofahrer leichter zu erkennen geben, in welche Richtung der Wagen fährt. Bei den Variobahnen folgt der grüne Farbakzent den Designlinien des Fahrzeuges. Die Ecke ist hier nunmehr senkrecht.

 

Den größten Farbanteil hat inzwischen das sogenannte "verkehrsweiß" (früher lichtgrau). Es sorgt für hohe Auffälligkeit und eine freundliches und leichtes Erscheinungsbild. Auch die seit 2016 instandgesetzten KT4D tragen diese freundlichere Lackierung.